ALIFI MY LARDER, Christian Aberle

16. Jan. – 27. Feb. 2010

aberle_karte
Eröffnung: Freitag, 15. Jan. 2010, 19 Uhr

 

Presse (PDF zum Download): Kölner Stadt-Anzeiger, 3.2.2010

 

Not nit not nit no not
Nit nit folly bololy
Burlybunch, the water mole
Hellyplop and fingerhole
Not a wossit bundy, see?

Die abstrakten lautmalerischen Worte im Zitat aus Robert Wyatts Song „Alifib“ vom Album „Rock Bottom“ von 1974, den der Sänger und Schlagzeuger von Soft Machine und Matching Mole seiner Frau, der Lyrikerin und Illustratorin Alfreda Benge gewidmet hat, umschreiben etwas, das nicht genau fassbar wird, lassen aber dennoch Bilder vor dem inneren Auge aufsteigen, die intensive sinnliche Qualität haben. Wörter, die nichts konkret benennen, und doch synästhetische Reaktionen auslösen: Sie schmecken, riechen, machen Geräusche und treiben Farben und Texturen an die Oberfläche.

Ähnlich nähert sich Christian Aberle in seinen Arbeiten der Welt über die minutiöse Wahrnehmung der Dinge in ihr, belässt deren Beschreibung jedoch in der Schwebe zwischen Erkennbarkeit und Abstraktion. Seine klein- bis mittelformatigen Tuschezeichnungen auf Papier, Acrylgemälde auf Leinwand, Objekte mit sich selbst generierenden Bildern aus Algen auf Glas, Siebdrucke auf verschiedenen Trägern und Videos befassen sich, wie es der Künstler selbst beschreibt, mit dem Phänomen von Fülle und Leere und „lungern am Rande des Verschwindens herum“. Der Titel gebende Refrain „Alifi My Larder“ aus dem Song bezieht sich auf das gegenständliche und assoziative Repertoire (larder = Vorratsschrank) der Ausstellung bei ZERO FOLD: Wie der Inhalt eines aufgefundenen Kistchens voller Sachen, die vertraut und befremdlich zugleich sind, konstituiert sich die Realität aus den Gegenständen, die man genau betrachten, deren stoffliche Beschaffenheit man exakt wiedergeben kann und die dennoch mysteriös bleiben.

Aberle überträgt seine Vorlagen aus dem Internet oder aus Abbildungen von Kunstwerken anderer Künstler akribisch, fast haptisch aufs Papier, schneidet die dargestellten Objekte aber aus dem räumlichen Kontext: Der tote Gegenstand wandelt sich, seine überpräzise, realistische Darstellung macht ihn eher unwirklicher als wirklicher und umgekehrt erzählt er in seiner räumlichen Isoliertheit vom anderen, das nicht da ist und plötzlich umso präsenter erscheint. Auch in den ungegenständlichen Gemälden Christian Aberles bezeugen ausgerissene Papierstreifen, Schablonen, Aussparungen das Etwas oder Nichts, das um sie herum oder zwischen ihnen existierte, definieren einen Raum, der sie umgibt, einen Zusammenhang, in dem sie sich befinden oder standen, ohne diesen wiederzugeben.
Die einzelnen Arbeiten bringt Aberle in neue Zusammenhänge: Er gruppiert disparate Zeichnungen in Rahmen zusammen und erzeugt ein interpretatives Spannungsfeld.

Wie ein weiterer Wahlverwandter, der englische Autor Denton Welch (1915-1948), dessen Bücher dichte, kleine Miniaturen voller obsessiver Beschreibungen der ästhetischen Komponenten von Architektur, Kunst und im Erscheinungsbild und Handeln der Personen sind, die alle Sinnesorgane feiern, ist Aberle ein äußerst exakter Beobachter, stellt dabei nicht in erster Linie dar, was etwas ist, sondern wie es ist: „Mich interessiert die Frage der Angemessenheit der Darstellung eines Sachverhalts. Und ich fühle mich ihr nicht verpflichtet.“